Uummannaq – Ein Robbenherz im Nebel
Wir sind nunmehr 500 km nördlich des Polarkreises angekommen und uns erwartet ein Landgang in Uummannaq. Von unserem Lektor haben wir erfahren: Uummannaq bedeutet etwa „die Robbenherzförmige“. Die Bucht, in welcher sich der Ort befindet, ist voller kleiner und großer Eisberge, die vom Morgennebel und der sich durchkämpfenden Sonne in ein nahezu mystisches Licht getaucht werden. Dort hinein steuert der Kapitän die MS Hamburg. Eine Durchsage der Kreuzfahrtdirektorin informiert uns darüber, dass das Schiff aus Sicherheitsgründen nicht den Anker werfen wird, sondern die MS Hamburg wird driften, d.h. ihre Position mit Hilfe der Maschinen halten. Ich vermute, man kann dann besser reagieren, falls ein Eisberg zu nahe heran treibt.
Alle Berichte zu unserer Grönland-Kreuzfahrt mit der MS Hamburg
Sommer in Grönland – Teil 1: Anreise zur MS Hamburg, oder: Ist das hier der Bus nach Grönland?
Sommer in Grönland – Teil 3: Uummannaq, Upernavik und das Dorf am Ende der Welt
Sommer in Grönland – Teil 4: Ilulissat Eisfjord und Eisberge bis zum Horizont
Inhalt
Spaziergang durch Uummannaq
Mit einem der ersten Tender fahren wir an Land und bummeln durch den kleinen Ort. Vom Namen gebenden Hausberg, welcher in Form eines Robbenherzes über dem Ort thronen soll, ist allerdings absolut nichts zu sehen.
Dafür ist der Ausblick von erhöhter Position in die Bucht faszinierend – die Eisberge und unser Schiff, dazu die Nebelschwaden ergeben ein wundervolles Fotomotiv. Schon auf dem Rückweg hinunter zum Hafen ist allerdings zu bemerken, dass sich der Nebel nicht lichtet, sondern ganz im Gegenteil – er wird immer dichter. Dabei ist die Stadt doch angeblich für 2000 Sonnenstunden im Jahr bekannt! Nun wir haben wohl einen der weniger sonnigen Tage erwischt.
Wir schauen uns noch kurz den Ortskern von Uummannaq an. Wie bereits in den anderen Orten, die wir auf Grönland bisher besuchten, dominieren auch hier die typischen bunten Holzhäuser das Ortsbild.
Daneben gibt es hier drei sehr interessante Nachbauten historischer Torf-Stein-Hütten, von denen man eine auch von innen besichtigen kann.
Abbruch des Landgangs in Uummannaq
Zurück im Hafen, hat der Nebel inzwischen fast die gesamte Bucht in eine watteartige Decke eingehüllt. Eisberge und Schiff sind nur noch zu erahnen. Da wundert es nicht, dass die Tenderboote nur noch die Passagiere von Land zum Schiff zurückbringen. Es ertönt dreimal das Schiffshorn – ein Signal für alle Passagiere, dass der Landgang abgebrochen wird und jeder schnellstmöglich wieder zum Schiff zurückkommen möge. Später beim Mittagessen bestätigt die Durchsage der Kreuzfahrtdirektorin, dass wir den Hafen verlassen werden, sobald alle Gäste wieder an Bord sind. Sie kündigt eine Programmänderung für den Rest des Tages an – warten wir also ab, wie es nun weiter geht.
Inzwischen habe ich es mir in der Bibliothek gemütlich gemacht, einer meiner Lieblingsplätze an Bord. Bequeme Ledersessel an den Fenstern mit Blick nach draußen – naja, heute geht der Blick nicht ganz so weit, da draußen nur Nebel zu sehen ist. Bei einer Tasse Kaffee lasse ich die Eindrücke der letzten Tag Revue passieren – bis hier ist es eine wundervolle Reise.
Abschied von Uummannaq
Einer Legende nach lässt der Besucher in Uummannaq beim Abschied ein Stückchen seines Herzens in der Stadt zurück. Ob das wohl stimmt? Die letzten Augenblicke sind jedenfalls zauberhaft und brennen sich tief in die Erinnerung ein.
Kurz bevor die MS Hamburg die Bucht verlässt, lichtet sich doch tatsächlich der Nebel und die Wolkendecke reißt auf.
Der Gipfel des Berges Uummannaq wird sichtbar und ein Nebelbogen zieht die Aufmerksamkeit der Kreuzfahrer auf sich. Wie ein Regenbogen spannt er sich im Halbkreis über die mittlerweile blau glitzernde Meeresoberfläche – nur dass ein Nebelbogen nicht farbig, sondern einfach weiß ist. Das hängt mit der geringen Größe der feinen Nebeltröpfchen zusammen, die das Licht auf eine andere Weise brechen.
Unmittelbar danach wird auch dieses Naturphänomen noch getoppt – ein Buckelwal schwimmt am Schiff vorüber. Leider tut er uns nicht den Gefallen, für unsere Kameras zu posieren, er schwimmt einfach nur kurz an der Wasseroberfläche. Nun, vielleicht klappt das ein anderes Mal.
Einweisung zur Nutzung der Zoadiacs
Am späten Nachmittag findet die Einweisung für die Fahrten mit den Zodiacs statt. Die MS Hamburg verfügt über einige Zodiacs – das sind Schlauchboote, die auch dort ein Anlanden ermöglichen, wo es für die Tenderboote zu flach ist. Außerdem besteht die Möglichkeit von Rundfahrten im Eismeer, um so die riesigen Eisberge noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive zu erleben, als hoch oben vom Deck der MS Hamburg. Natürlich ist das immer wetterabhängig – aber wer an diesen Fahrten teilnehmen möchte (und die Kreuzfahrtdirektorin sagt, wir möchten das alle), der muss an einer entsprechenden Einweisung teilnehmen. Alexandra Cortese erklärt uns mit Unterstützung des Reiseleiters Sascha sehr anschaulich, wie wir uns bei Ein- und Ausstieg sowie während der Fahrt im Zodiac zu verhalten haben und wie wir die Rettungsweste richtig anlegen. Okay, alles verstanden – freuen wir uns auf die Zodiacfahrten!
Upernavik – der nördlichste Ort unserer Reise
Der Ort, den die MS Hamburg heute erreicht, liegt malerisch an einem Berghang. Vor der Ankunft ein ganz besonderes Ereignis: einige der auf dem Hinflug verloren gegangenen Koffer haben es tatsächlich zu diesem Ort, 800 km nördlich des Polarkreises, geschafft. Es gibt hier einen Flughafen und 11 Koffer wurden per Luftfracht hierher geliefert. Ein Schiff bringt sie direkt nach unserer Ankunft an Bord. Insgesamt 8 Kabinennummern werden aufgerufen, deren Bewohner nun ihr Gepäck in Empfang nehmen dürfen. Bisher mussten sie ohne ihre persönlichen Sachen auskommen, bekamen einiges geliehen und haben sich in den bisherigen Häfen das Nötigste gekauft – was gerade auf Grönland nicht ganz so einfach ist.
Strahlender Sonnenschein über Upernavik
Gleich nach dem Frühstück machen wir uns fertig für den Landgang – trotz des strahlenden Sonnenscheins und fantastischen blauen Himmels müssen wir unsere dicken Jacken überziehen – draußen sind nur 8°Celsius. Bewaffnet mit dem Fotoapparat begeben wir uns zum Tender, der uns zu einem kleinen Anleger an Land bringt.
Hübsch ist der Ort – der nördlichste auf unserer Reise. Vorüber an den kleinen farbenfrohen Häusern spazieren wir den Berg hinauf, um von dort den Blick in die Bucht und auf unser Schiff genießen. Viele Eisberge treiben in der Bucht, so dass der Kapitän wieder entschieden hat, nicht zu ankern. Die MS Hamburg driftet heute wieder und ändert auch einige Male ihre Position.
Spaziergang durch den Ort
Ganz besonders malerisch schmiegt sich eine Kirche an den Berghang. Aus ihrem Inneren erklingt Musik – es ist sonntags und anscheinend findet gerade ein Gottesdienst statt.
Weniger malerisch sieht es überall zwischen den Häusern aus. Das ist uns auch bereits in den anderen grönländischen Orten aufgefallen: alles, was bei uns in einem Schuppen oder einer Garage Platz finden würde, wird unter freiem Himmel irgendwo zwischen den Häusern gelagert. Vom Schlitten oder Schneemobil, alten Kinderwagen, Kisten und sonstigen Behältern liegt dort alles Mögliche herum.
Zurück schlendern wir wieder die Hauptstraße entlang, zum Anleger zurück. Zwischen den Häusern sind die Schlittenhunde angeleint. Der Lektor hatte uns erläutert, dass die Hunde nicht wirklich als Haustiere gehalten werden – es sind Arbeitstiere und sie kommen nicht ins Haus. Ein wenig ungepflegt wirken sie, teilweise auch recht dünn – so ganz anders als die wunderschönen Huskys, die wir bei unserem Urlaub in finnisch Lappland auf der Harriniva Husky Farm bewunderten.
Hoch oben über dem Ort befindet sich der Flughafen, durch den Upernavik mit dem Rest der Welt verbunden ist und der auch ein wenig Tourismus ermöglicht. Um ihn anzulegen, musste die Bergkuppe abgetragen und eine große ebene Fläche hoch über dem Ort aufgeschüttet werden.
Ein Vortrag von Dr. Ludger Feldmann stimmt uns am Nachmittag auf die nächsten drei Stationen unserer Kreuzfahrt ein: Niaqornat, Sarqaq und schließlich der voraussichtliche Höhepunkt der Reise: Ilulissat.
Niaqornat – das Dorf am Ende der Welt
Empfehlenswert: die BBC-Dokumentation über Niaqornat
Eine Dokumentation des BBC >>> Link zum Film-Trailer <<< gibt es über diesen Ort: Niaqornat ist ein winziges Dorf mit nur 37 Einwohnern (Stand 1.1.2018). Als der Film entstand, waren es noch 59 Einwohner. Am Vortag unseres Landgangs wird der Film auf einem Fernsehkanal des Schiffes der Film in Dauerschleife gezeigt. Natürlich habe ich ihn mir angeschaut.
Einsam und hart ist das Leben an diesem Ort, insbesondere nach dem Ende der hiesigen Fischfabrik. Der Film berichtet, dass die Bewohner von Niaqornat die Fischfabrik als Genossenschaft in eigener Verantwortung übernehmen wollten. Bei unserem Landgang erfahren wir, dass sie dies auch erfolgreich taten – allerdings hat dann nach einigen Jahren der Verwalter in seine eigene Tasche gewirtschaftet, die Einnahmen veruntreut und nun ist die Fabrik wieder geschlossen. Was für eine Story!
Unser Lektor Stephan Orth, berichtet später, dass er zwei der Einwohner aus dem Film während unseres Besuchs in Niaqornat getroffen hat. Das junge Mädchen, welches im Film den Berufswunsch äußerte, im Supermarkt an der Kasse zu arbeiten, studiert heute in Nuuk und wird Lehrerin. Nach Abschluss des Studiums möchte sie wieder nach Niaqornat zurück kommen und hier unterrichten.
Individueller Landgang in Niaqornat
Einen Hafen oder Anlegesteg gibt es in Niaqornat nicht, die Zodiacs bringen gruppenweise jeweils 16 Passagiere an Land. Aber zunächst fährt das sogenannte Scout-Boot, welches das Erkundungsteam an Land bringt. Dieses Team schaut, wo die Passagiere am besten an Land gehen können und bereitet alles entsprechend vor.
Nach Auskunft unserer Lektoren macht sehr selten ein Kreuzfahrtschiff hier Station, nur zweimal im Jahr kommt das vor. Gern würden wir den Dorfbewohnern einige ihrer selbstgefertigten Handarbeiten abkaufen – aber leider bestehen diese aus Robbenfell und würden zu Hause beim Zoll erhebliche Probleme bereiten.
Auf Holzgestellen hängen noch Reste von Trockenfisch und ein Stück Walfett.
Auch Straßen gibt es auf der Halbinsel nicht. Drei Wanderwege führen auf die umliegenden Hügel und rings um den kleinen See, der sich hinter den Häusern befindet. Hier, ein wenig entfernt von den Häusern, sind auch die Hunde angeleint und befindet sich der Hubschrauberlandeplatz – eine wichtige Verbindung zur Außenwelt.
Das Wetter hat heute Postkarten-Potenzial: blauer Himmel, blaues Meer und dazu in der Ferne die Eisberge – besser geht es kaum!
Elegante Teestunde auf der MS Hamburg
Nachdem alle Passagiere vom Landgang zurück sind, nimmt die MS Hamburg Fahrt auf in Richtung Diskobucht. Für die Gäste steht heute ein weiteres Highlight an Bord an: eine elegante Teestunde. Die Patisserie hat ein fantastisches Kuchenbuffet gezaubert – von dem ich allerdings kaum etwas probiere, nach einer Woche Kreuzfahrt hat sich bereits so ein Grundsättigungsgefühl eingestellt.
Überraschende Änderung der Route
Gedanklich haben wir uns schon auf den nächsten Hafen eingestellt – Sarqaq ist mit 169 Einwohnern ein wenig größer als die heutige Station unserer Kreuzfahrt und vermutlich werden wir wieder mit den Zodiacs an Land gehen. Dann plötzlich überrascht uns die Kreuzfahrtdirektorin mit einer Durchsage: weil die Wetterprognose insbesondere hinsichtlich der Windsituation vor Ilulissat für morgen besser ist als für den Tag darauf, wird die Route kurzfristig geändert und die nächsten Stationen getauscht. Statt Sarqaq erwartet uns nun morgen DAS Highlight unserer Reise: Ilulissat mit dem Eisfjord, der in die Diskobucht mündet.
Die Route unserer Grönland-Kreuzfahrt mit der MS Hamburg
Unsere Reise heißt „Sommer in Grönland“ und führt zu verschiedenen Orten entlang der Westküste Grönlands. Da die MS Hamburg über Zodiacs verfügt, können auch kleine Orte angelaufen werden, die nicht über einen Hafen oder eine Pier für die Tenderboote verfügen. Derartige Anlandungen sind ein ganz besonderes Erlebnis.
Unsere Grönland-Kreuzfahrt mit der MS Hamburg beginnt und endet in Kangerlussuaq und dies ist die geplante Route:
Tag 1: Einschiffung in Kangerlussuaq
Tag 2: Sisimiut
Tag 3: Aasiaat (vormittags) und Qasigiannguit (nachmitags)
Tag 4: Qeqertarsuaq
Tag 5: Uummannaq
Tag 6: Upernavik
Tag 7: Niaqornat
Tag 8: Sarqaq und Equip Sermia Gletscher
Tag 9: Ilulissat
Tag 10: Kreuzen vor Grönland
Tag 11: Ausschiffung in Kangerlussuaq
Alle Berichte zu unserer Grönland-Kreuzfahrt mit der MS Hamburg
Sommer in Grönland – Teil 1: Anreise zur MS Hamburg, oder: Ist das hier der Bus nach Grönland?
Sommer in Grönland – Teil 3: Uummannaq, Upernavik und das Dorf am Ende der Welt
Sommer in Grönland – Teil 4: Ilulissat Eisfjord und Eisberge bis zum Horizont
Das sieht total spannend aus! Die karge Landschaft, die kleinen bunten Häuschen und das Eis, das im tiefen Blau an der Oberfläche des Meeres treibt. Ich finde es schön, wie lebendig du vom Leben an Bord und von den Ereignissen berichtest. Den Kaffee, den du nach dem abgebrochenem Landgang in der Bibliothek getrunken hast, konnte ich förmlich riechen!
Liebe Grüße
Silvia
Oh, welch beeindruckende Reise! Mich zieht es leider schlussendlich immer wieder in Süden, dabei habe ich wirklich bereits mehrfach damit geliebäugelt, einmal Eisberge und Polarlichter in Natura sehen zu können … Das muss einfach atemberaubend sein!
Weiterhin noch eine schöne Zeit und liebe Grüße,
Doris
Hallo, das sind wirklich tolle Eindrücke.
Deine Bilder sehen super aus und ich finde die Häuser ja bezaubernd.
Lg Melissa
Wieder ein toller Bericht mit wunderschönen Fotos! So eine Reise mit einem Kreuzfahrtschiff stelle ich mir richtig spannend vor. Auch diese kurzfristigen Planänderungen wegen des Wetters. Wenn ich dann aber irgendwo an Land wäre und das Schiff plötzlich das Signal gibt, dass es schnellstmöglich ablegen will, wäre die Entspannung bei mir wohl schnell vorbei. ?
Liebe Grüße