Ostsee im Herbst Naturwunder Kraniche Windflüchter

Ostsee im Herbst – über Naturwunder, Kraniche und Windflüchter

Lohnt sich ein Urlaub an der Ostsee im Herbst?

Wir hatten so einen schönen Sommer – und du willst ausgerechnet im Herbst an die Ostsee fahren? Da kann man doch gar nicht mehr baden. Ähm, ja – möchte ich. Ostsee geht immer! Egal, ob nun im Frühjahr (wie beispielsweise Ostern auf Rügen), Ostsee im Herbst oder Winter.  Ich liebe die Ostsee gerade außerhalb der Saison, wenn es wieder ruhiger an der Küste wird, weil die Ferien vorüber sind. Wo sich im Sommer Tausende tummeln, ist der Strand fast menschenleer. Das Meer zeigt sich in der Vor- oder Nachsaison oft von seiner rauen Seite und demonstriert eindrücklich seine Macht. Ein wundervolles Naturschauspiel.  Man könnte auch sagen: ein Naturwunder.

Ostsee im Herbst Naturwunder Kraniche Windflüchter

Diesmal ist das allerdings ein wenig anders. Der Sommer 2018 war deutlich wärmer und auch viel länger als wir das in Deutschland so gewohnt sind. Und als sich dann im September wieder mal meine Sehnsucht nach dem Meer zeigt, ist es noch immer sommerlich warm. Wir erleben also nicht die Ostsee im Herbst, sondern einen wundervollen Spätsommer an der Ostseeküste. Nachts nicht mehr so heiß, dass man ohne Klimaanlage nicht einschlafen kann und tagsüber trotzdem angenehm warm. Dazu ein blauer Himmel mit einzelnen fotogenen Wölkchen – Herz, was willst du mehr?

Unser Ziel für den Kurzurlaub an der Ostsee im Herbst

Für den Kurzurlaub an der Ostsee haben wir uns diesmal Zingst als Ziel gewählt. Das ist ein hübscher Badeort auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, der gerade im Herbst ein besonderes Highlight bietet: die Kranichrast. Aber dazu später mehr. Auch diverse andere Highlights gibt es noch auf der Halbinsel.

Zingst ist ganz anders als Binz (falls du es auf SilverTravellers noch nicht gelesen hast, Binz ist mein absoluter Favorit für einen Urlaub auf Rügen). Während Binz mit seiner Bäderarchitektur sehr mondän und elegant wirkt, ist Zingst in seinem Aussehen und Lebensgefühl ursprünglicher,  traditioneller. Der ganze Ort wirkt irgendwie puppig – hübsche reetgedeckte Häuser, alles total gepflegt und sauber. Stehen in Binz eher Austern und Jakobsmuscheln auf dem Speiseplan, ist hier in Zingst der richtige Ort für ein leckeres Fischbrötchen auf die Faust – und dazu dann ein Bierchen oder einen Longdrink.

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Es gibt eine nette Fußgängerzone mit diversen Geschäften, Cafés und Restaurants. Der Strand ist wundervoll breit und feinsandig und schier endlos lang. Natürlich gibt es auch eine Seebrücke in Zingst, sogar mit einer Tauchgondel am Ende.
Ganz besondere Eyecatcher sind übrigens in Zingst die vielen Kunstwerke. In der ganzen Stadt verteilt sind sie zu finden. An der Seebrücke steht ein ganz besonders hübsches Kunstwerk, das auch noch funktionell ist: eine riesige hölzerne Wurzel, an der viele Paare Liebesschlösser befestigt haben.

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Die gesamte Halbinsel Fischland-Darß-Zingst ist auf Grund gut ausgebauter Radwege ein Eldorado für Fahrradfahrer. Es gibt in den verschiedenen Orten unzählige Fahrrad-Verleiher, so dass man auch vor Ort noch für einen Kurztrip ein Fahrrad mieten kann.

Zwischen Ostsee und Bodden – die zwei Seiten von Zingst

Wie schon erwähnt, liegt Zingst auf einer Halbinsel. Eine schmale Landzunge schlängelt sich an der Ostseeküste entlang, nicht weit von Rostock entfernt. An der Stelle, an welcher sich der Ort Zingst befindet, ist die Landzunge nicht sehr breit. Auf der einen Seite befindet sich die Ostseeküste und auf der anderen Seite der Bodden.  Beide sind durch die Fußgängerzone miteinander verbunden und man erreicht nach einem kleinen Spaziergang vom Hafen aus den Ostseestrand. Oder umgekehrt.

Der Zingster Hafen am Bodden

Bei unserem ersten Besuch im Zingster Hafen fühle ich mich direkt an New Orleans erinnert. Dort haben wir auf dem Mississippi eine Tour mit dem historischen Schaufelraddampfer „Natchez“ unternommen. Und an eben diesen erinnert das Schiff, das gerade bei wundervollem Sonnenschein und blauem Himmel aus dem Hafen ausläuft: die MS „River Star“ der Reederei Poschke. Das weiß-blaue Schiff mit den beiden großen schwarzen Schornsteinen und dem roten Schaufelrad am Heck ist den amerikanischen Vorbildern wirklich sehr ähnlich, eine tolle Idee!

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Der Boddenhafen in Zingst ist Ausgangspunkt für Touren unterschiedlichster Art auf dem Bodden. Ob nun mit einem Segelschiff, Fahrgastschiffen oder dem Schaufelraddampfer  – die Auswahl ist vielfältig. Es gibt Verbindungen auf dem Bodden beispielsweise nach Barth, aber auch Touren zur Insel Hiddensee.

Hinweis: Am Hafen befindet sich ein kleiner kostenpflichtiger Parkplatz. Ich kann mir gut vorstellen, dass dessen Kapazität im Sommer schnell ausgeschöpft ist. Selbst im Herbst waren nur noch wenige freie Plätze zu finden.

Eine Boddenfahrt lohnt sich zu jeder Jahreszeit. Schon vom Hafen aus kann man die Inseln Großer Kirr und Kleiner Kirr im Bodden sehen, denen man sich mit dem Schiff noch weiter nähert. Die Inseln ragen nur wenige Zentimeter über die Wasseroberfläche und sind ein einzigartiges Naturparadies für Wildvögel. Aber: Betreten verboten!  Die Inseln sind Naturschutzgebiet und auch die Schiffe halten bei ihren Fahrten einen angemessenen Abstand ein.

Den Blick auf die Inseln kann man natürlich auch vom Hafen aus genießen – vielleicht von der großen Sitztreppe aus, die direkt neben dem Deich eine wundervolle Aussicht ermöglicht. Dazu ein leckeres Fischbrötchen oder ein Softeis für die Kleinen. Dabei lässt sich das bunte Treiben im Hafenbereich gut beobachten – ich finde das wundervoll, das ist Erholung pur!

Wir haben uns im Außenbereich eines Restaurants direkt am Hafen einen Platz gesucht und bei einem leckeren Aperitif und einem Fischbrötchen die Herbstsonne genossen.

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In den Cafés und Restaurants am Hafen kann man auch gepflegt einkehren und sich frischen Ostseefisch oder frisch gebackenen Kuchen schmecken lassen. So gestärkt kann ein Spaziergang auf dem Deich beginnen, der direkt am Hafen entlang führt. Aber Vorsicht, der Weg auf dem Deich wird auch von vielen Radfahrern genutzt.

Der Ostseestrand in Zingst

Unternimmst du auch so gern einen Strandspaziergang? Das Rauschen der Wellen hören, den frischen Ostseewind um die Nase wehen lassen und die Möwen beobachten – das ist doch Entspannung pur! Am Strand von Zingst hast du dazu ausgiebig Gelegenheit, ist er doch mit bis zu 30 Metern wunderbar breit und schier endlos lang. Im Hochsommer tummeln sich dort tausende Urlauber – im Herbst gibt es nur einige Strandspaziergänger.

Die Fußgängerzone endet am Deich und über eine Treppe gelangt man dahinter auf die 270 Meter lange Seebrücke. Rechts und links der Seebrücke sieht man dann die mit den typischen Ostsee-Strandkörben bewirtschafteten Strandbereiche.

Gegen die Abtragung ist der Strand durch Wellenbrecher geschützt, auf denen sich die Möwen gern mal niederlassen.

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Viele verschiedene Strandaufgänge entlang der gesamten Ortschaft und der weiter verlaufenden Küstenstraße ermöglichen den Weg über den Deich zum Strand.

Der Weststrand auf dem Darß – einer der 20 markantesten Strände der Welt

Der Ostseestrand in Zingst ist wundervoll, aber es gibt noch einen ganz besonderen Strand auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst: den Westrand auf dem Darß. Viel habe ich schon darüber gehört. Außerdem ist er ein viel fotografierter Instagram-Spot – die Fotos von den Windflüchtern am Weststrand habe ich schon oft bei Instagram bewundert.

Der Fernsehsender arte hat im Jahr 2007 den Weststrand auf dem Darß als einen der markantesten Strände der Welt präsentiert. Übrigens in Gesellschaft so berühmter Strände  wie der Copacabana von Rio de Janeiro oder des Miami Beach! Anders als diese beiden Strände zeichnet sich der Weststrand aber durch eine wilde Ursprünglichkeit aus. Über 13 Kilometer zieht sich ein feinsandiger Strand an der Westseite des Darß entlang, zum Land hin gesäumt von einer Dünenlandschaft, die in den Darß-Wald übergeht. Bei einem Urlaub an der Ostsee im Herbst muss ich natürlich auch den Weststrand besuchen.

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Kennst du die Windflüchter?

Es weht ständig ein kräftiger Wind und formt bizarre Formen: die sogenannten Windflüchter sind das Markenzeichen des Westrands und eigentlich auch des gesamten Darß. So nennt man die Bäume, die in ihrem Wachstum vom Wind derart beeinflusst werden, dass sie nur in eine Richtung wachsen. Selbst bei Windstille sieht es so aus, als würden die Bäume vom Wind gebeugt. Besonders schöne Exemplare befinden sich am Weststrand in der Nähe des Leuchtturms Darßer Ort, auf der nördlichsten Spitze des Darß.

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Der Weg zum Weststrand – Anreisetipps

An diesem Strand hört man keinen Straßenlärm, es gibt nur unberührte Natur.  Aber auch: keine Strandkörbe, keine Liegen, keine Gaststätten oder Kioske.

Diese Abgeschiedenheit hat einen ganz einfachen Grund: der Weststrand auf dem Darß ist nicht mit dem Auto oder Motorrad erreichbar. Nur auf dem Weg durch ein Naturschutzgebiet – den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft – gelangt man zum Weststrand.

Der Bereich des Weststrandes rund um den Leuchtturm Darßer Ort ist über Prerow zu erreichen, wo dann auch das Auto stehen bleiben muss. Parkplätze finden sich im Ort. Wir haben unser Auto am Bernsteinweg auf einem kostenpflichtigen Parkplatz abgestellt. Für den ganzen Tag waren dort 5 Euro (Münzen bereithalten!) fällig.

Von Prerow aus gibt es dann verschiedene Möglichkeiten der Anreise:

Zu Fuß zum Weststrand

Vom Parkplatz am Bernsteinweg führt ein Wanderweg durch den Darßwald bis zum Leuchtturm . Die Distanz beträgt ungefähr 5 Kilometer. Der Weg ist ausgeschildert. Wenn man bedenkt, dass man ja vor Ort auch noch ein wenig am Strand entlang und vielleicht auch rund um den Leuchtturm wandern möchte, kommt dann mit Hin- und Rückweg doch ein ziemlich langer Weg zusammen.

Mit dem Fahrrad zum Weststrand

Ich hatte bereits erwähnt, dass auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst ein gut ausgebautes Radwegenetz existiert. Natürlich ist auch eine Fahrradtour zum Weststrand eine Möglichkeit – meiner Ansicht nach die beste Variante. Von Prerow aus führt die Fahrt über den Waldweg. Sofern man kein eigenes Fahrrad dabei hat, besteht in Prerow auch die Möglichkeit, eines auszuleihen. Eine Fahrradverleihstation habe ich direkt am Bernsteinweg, wenige Minuten Fußweg vom Parkplatz entfernt, gesehen.

Mit der Darßbahn an den Weststrand

Die Darßbahn fährt leider nicht ganz bis zum Leuchtturm. Dieser kleine motorbetriebene Zug verkehrt über diverse Stationen in Prerow bis zur Endhaltestelle am Nothafen Darßer Ort. Von dort aus heißt es dann: zu Fuß weitergehen – noch ungefähr zwei Kilometer bis zum Leuchtturm.

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Mit der Pferdekutsche an den Weststrand

Eine weitere Möglichkeit ist die Fahrt mit der Pferdekutsche, so eine Art Kremser, bis zum Leuchtturm. Vom Parkplatz Bernsteinweg sind es ungefähr 300 Meter bis zur Abfahrtsstelle der Pferdekutsche, der Weg ist ausgeschildert. Die Fahrt geht auf einem separaten Weg durch den Wald und dauert ca. 50 Minuten.

Wir haben die Anfahrt mit der Pferdekutsche für unseren Weg zum Weststrand gewählt. Mitunter wurden wir doch ziemlich durchgerüttelt, da die Fahrt über Wurzeln und Steine doch recht holprig war. Für die Kinder, die in der Kutsche mitfuhren, war das natürlich ein Gaudi.

Ein Spaziergang am Weststrand

Nachdem wir in der Nähe des Leuchtturms aus der Pferdekutsche gestiegen sind, wollen wir zunächst einen Spaziergang am Strand unternehmen. Direkt neben dem Leuchtturm führt ein Weg über die Dünen zum Strand.

Ostsee im Herbst Naturwunder Kraniche Windflüchter

Ostsee im Herbst Naturwunder Kraniche Windflüchter

Da liegt er nun vor uns: der Weststrand. Endlos lang, breit …. allerdings nicht menschenleer. Außer uns haben noch viele andere Besucher den Weg hierher gefunden, welche die Ostsee im Herbst genießen möchten. Ein Foto von dem Strandaufgang mit dem Leuchtturm ohne andere Besucher zu machen, ist eine ziemlich große Herausforderung. Jedesmal wenn ich denke „da, hinter diesem Besucher kannst du fotografieren“ dann kommt garantiert wieder jemand in’s Bild gelaufen.

Also wenden wir uns am Strand nach Süden und spazieren ein Stück in Richtung der Windflüchter, die in der Ferne schon zu sehen sind. Diese Bäume möchte ich unbedingt fotografieren, wie sie da einsam dem häufig aus westlicher Richtung wehenden Wind trotzen. Der Wind hat sie in ihrem Wachstum zu bizarren Formen gebogen, das ist DAS Fotomotiv am Weststrand.

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Der Strand und die Natur sind hier weitestgehend sich selbst überlassen. So bleibt der abgestorbene Baum am Strand liegen und gegen Wind und Wellen gibt es hier keine Buhnen. Daher werden Jahr für Jahr ungefähr 50 Zentimeter Strand abgetragen. In ungefähr 50 Jahren wird sich die Oststee den Leuchtturm geholt haben. So ganz verstehe ich nicht, weshalb nichts dagegen unternommen und der Strand geschützt wird.

Irgendwann kommt dann bei mir auch der kindliche Spieltrieb durch und es wird aus Steinen ein Schriftzug gelegt.

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Als wir nach unserem Spaziergang wieder zurückkommen zum Leuchtturm, sind doch tatsächllich bereits 2 Stunden vergangen. Und wir sind ein wenig fußlahm. Ausruhen wäre jetzt ganz nett und eine kleine Erfrischung käme auch gerade recht.

Am Leuchtturm gibt es ein Café – aber nicht für die allgemeine Öffentlichkeit. Das Café gehört zum Natureum und ist nur nach vorheriger Zahlung des Eintrittspreises für Natureum und Leuchtturm zugänglich. Wir überlegen kurz – aber Durst und Appetit gewinnen Oberhand, so dass wir die 5 Euro pro Person zahlen, um in den Innenhof mit dem Café zu gelangen.

Der Leuchtturm und das Natureum

Im Innenhof der Gebäude rund um den Leuchtturm gibt es eine kleine Spielecke für Kinder und ein kleines Café. Nach einer Tasse Kaffee und einem kleinen Imbiss habe ich dann doch noch Lust zu einem Aufstieg auf den Leuchtturm. Immerhin 132 Stufen sind es, die man hinaufsteigen muss. Nichts für Leute mit Platzangst – je höher man aufsteigt, um so enger wird die Treppe. Oben gibt es eine recht schmale Aussichtsplattform rund um den Turm.

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Die Aussicht bei klarem Wetter ist wundervoll – fast könnte ich vergessen, dass ich den gleichen Weg ja wieder hinuntersteigen muss. Also wieder 132 Stufen.

Ein kleines Aquarium besuchen wir auch noch, das mit einigen wenigen Becken im Nebengebäude eingerichtet ist. Das Natureum ist eine Außenstelle des Meeresmuseums Stralsund – das erklärt die Aquarien.

Den Rundwanderweg durch den Darßwald – ca. 4 Kilometer – schaffen wir leider nicht mehr, nur einen Teil des Weges schauen wir uns noch an. Anschließend treten wir den Rückweg an – wieder mit der Pferdekutsche. Wir wollen pünktlich zum Sonnenuntergang in Zingst sein, um noch einmal die Kraniche beobachten zu können.

Lesetipp:
Torsten war auf dem Rundwanderweg Darßer Ort unterwegs und einen ausführlichen Bericht findest du auf seinem Blog tberg.de

Herbstliches Highlight: die Kranichrast auf Fischland Darß Zingst

Ein spektakuläres Naturschauspiel, das alljährlich in Zingst beobachtet werden kann, ist die Kranichrast im Herbst. Sie zieht Jahr für Jahr ab September bis Ende Oktober viele Touristen und Fotografen an. Man hat sich vor Ort darauf eingerichtet und Aussichtspunkte errichtet, auf denen die Schaulustigen das allabendliche Einfliegen der Kraniche zu ihren Schlafstätten beobachten können, ohne die scheuen Vögel zu stören. Diese haben nämlich eine Fluchtdistanz von ca. 300 Metern.

Bis zu 70.000 Kraniche sammeln sich im Herbst an verschiedenen Punkten der deutschen Ostseeküste wie beispielsweise Fischland-Darß-Zingst oder Rügen. Sie tanken hier Energie für ihre lange Reise in die südlich gelegenen Winterquartiere in Südeuropa oder Nordafrika. Auf den Feldern in Mecklenburg-Vorpommern finden sie ausreichend Nahrung. Abends suchen sie ihre Schlafplätze in den Schutzgebieten auf, wo sie unbehelligt ruhen können.

Bis zu 30 Kilometer im Umfeld ihrer Schlafplätze suchen die Kraniche ihre Nahrung. Auf den abgeernteten Mais- und Getreide-Stoppelfeldern stört das die Landwirte nicht, beim frisch ausgebrachten Wintergetreide mögen sie es gar nicht. Zur Entlastung gibt es in Mecklenburg-Vorpommern sogenannte „Ablenkflächen“, auf denen gezielt für die Kraniche Futter ausgebracht wird.

Eine Kranichfahrt auf dem Bodden

„Sie kommen über die Meiningenbrücke, ein großer Verband fliegt ein!“ – so tönt es aus den Lautsprechern an Deck der „River Star“. Angestrengt schaue ich in diese Richtung, kann aber nichts erkennen. Kurze Zeit später höre ich sie. Ihr markanter trompetenartiger Ruf ist unverkennbar. Man hört sie eher, als man sie sehen kann. Dann endlich sind sie auch mit bloßem Auge zu erkennen. Ein Gänsehautmoment. In der typischen Flugformation kommt ein großer Verband Kraniche und steuert auf die Insel Kirr zu. Direkt über das Schiff, auf dessen oberen Deck wir uns befinden, fliegen sie hinweg. Näher kommt man den scheuen Vögeln nicht, sagt unser Kapitän.

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Die Kraniche sind schon auf Grund ihrer Größe sehr beeindruckend. Bis zu 1,30 Meter wird so ein Vogel groß und hat eine Flügelspannbreite von rund 2,20 Metern. Das Fotografieren ist nicht einfach und ohne Teleobjektiv geht gar nichts. Leider habe ich erst im Nachgang von der Möglichkeit gelesen, dass man in Zingst sogar 500mm-Objektive ausleihen kann – mehr dazu im Abschnitt „Zingst und die Fotografie“.

Die Kranichfahrten auf dem Bodden gibt es im September und Oktober ab Zingst, Prerow und Barth mit verschiedenen Anbietern und Schiffen. Wir haben uns für eine Fahrt mit dem bereits erwähnten Schaufelraddampfer MS „River Star“ der Reederei Poschke entschieden. Die Abfahrtszeit richtet sich nach dem Sonnenuntergang und so startet die Tour Anfang September natürlich später am Tag, als dies Ende Oktober der Fall ist. Die genauen Zeiten kann man vor Ort dem Aushang entnehmen oder auf den Webseiten der Reedereien in Erfahrung bringen.

Unsere Tour startet im Hafen Zingst und führt zunächst in südöstlicher Richtung auf dem Zingster Strom an der Insel Kirr entlang. Später wendet der Kapitän und fährt in entgegengesetzter Richtung bis zur Meiningenbrücke. Einen Adler auf der Jagd sehen wir – und hunderte Wildgänse, die ängstlich vor dem Raubvogel auffliegen.

Ostsee im Herbst Naturwunder Kraniche Windflüchter

Wir sehen unfassbar große Gruppen stolzer Schwäne, die sich ebenfalls im Vogelschutzgebiet um den Großen Kirr gesammelt haben. Ich kann anfangs gar nicht glauben, dass all die weißen Flecken, die wir sehen, Schwäne sein sollen.

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So ganz nebenher können wir auch noch einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten.

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Schließlich kommen die Kraniche, während gleichzeitig die Gänse das Gebiet verlassen. Unser Kapitän gibt uns eine pragmatische Hilfe, wie wir schon von Weitem beide Tierarten unterscheiden können: alles, was abends von der Insel Kirr wegfliegt, sind Gänse. Was zur Insel hinfliegt, sind Kraniche. Und das sind unglaublich viele!

Tipps für die Kranichbeobachtung

Die besten Orte für die Beobachtung der Kraniche

Neben den Kranichfahrten gibt es natürlich noch andere Möglichkeiten zur Beobachtung dieser Tiere und des wundervollen Naturschauspiels Kranichrast.

  • Beobachtungspunkte auf dem Boddendeich bei Zingst
    Am Boddendeich im westlichen Bereich von Zingst gibt es eine Beobachtungsplattform und eine Beobachtungshütte. Direkt gegenüber der Tankstelle in Zingst (es gibt nur eine, Verwechslungsgefahr also ausgeschlossen) führt ein Feldweg von der Straße direkt bis zur Plattform, die Hütte ist von dort aus auch zu sehen und über den Weg auf dem Deich zu erreichen. Viele Besucher stehen an dieser Stelle auch direkt auf dem Deich, um die Kraniche zu beobachten.
    Von der Plattform aus hat man einen guten Blick auf die gegenüberliegende Insel Kirr im Bodden. Mit ein wenig Glück fliegen die Kraniche direkt über die Plattform in Richtung ihrer Schlafplätze.

Ostsee im Herbst Naturwunder Kraniche Windflüchter

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  • Beobachtungspunkt in Pramort
    Dieser Beobachtungspunkt (ebenfalls eine Hütte) befindet sich im Schutzgebiet des Nationalparks. Zum Schutz der Kraniche auf dem dortigen Rastplatz ist das Gebiet zur Zeit der Kranichrast täglich zwischen 15 Uhr – 8:00 Uhr morgens gesperrt. Der Zutritt ist nur mit einer sogenannten Nationalpark-Card „Beobachten ohne zu stören“ möglich und der Besucherverkehr ist strikt limitiert. Nur 80 Karten werden für das Beobachten des abendlichen Einflugs der Kraniche täglich verkauft.
    Hinweis: zu den Beobachtungspunkten gelangt man nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Vom Parkplatz beim Hotel Schlößchen sind es immer noch 8 Kilometer, die man zurücklegen muss. Dort gibt es auch einen Fahrradverleih, falls man kein eigenes Fahrrad mitgebracht hat.
  • Auf den Feldern
    Tagsüber kann man mit ein wenig Glück auf den Feldern entlang der Landstraße zwischen Barth und Stralsund Kraniche beobachten. Allerdings darf man nicht aussteigen, um die scheuen Großvögel nicht zu verschrecken.

Ein wichtiger Hinweis: wenn du die Beobachtungspunkte am Deich oder in Pramort besuchst, solltest du unbedingt an einen guten Mückenschutz denken! Die Schilfgürtel am Bodden sind offensichtlich ein gutes Brutgebiet für Mücken und pünktlich zum Sonnenuntergang wirst du von einer Unmenge dieser Plagegeister umschwirrt.

Die beste Zeit für die Kranichbeobachtung

Zweimal im Jahr kann man die Kraniche in Mecklenburg-Vorpommern beobachten. Ein faszinierendes Naturschauspiel! Im Frühjahr zwischen Mitte März und Anfang April und im Herbst von Anfang September bis Ende Oktober machen die scheuen Vögel hier Rast.

Die besten Tageszeiten für die Beobachtung sind die Stunden um Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Morgens starten die Kraniche in Richtung der Felder und kehren dann abends zum Sonnenuntergang wieder zu den Schlafplätzen im Bodden zurück.

Zingst und die Fotografie

Zingst und die Fotografie – das ist eigentlich ein Kapitel für sich und müsste ein ganz eigenständiger Artikel werden. Insofern hier nur ganz kurz erwähnt:

Der Ort Zingst hat sich ganz dem Thema Fotografie gewidmet und ist ein Eldorado für alle (Hobby-)Fotografen. Es gibt ein tolles Programm unterschiedlichster Foto-Workshops für Anfänger und Profis, Fotoausstellungen, ein jährlich stattfindendes Umweltfotofestival  und Vieles mehr.

Nicht zu vergessen: der Fotoservice im Max-Hünten-Haus mit einem Verleihservice für Kameras, Objektive und spezielles Zubehör.

Mehr zum Reiseziel Fischland-Darß-Zingst:

Ilona vom Reiseblog Wandernd war im Sommer auf dem Darss unterwegs.

13 Kommentare zu „Ostsee im Herbst – über Naturwunder, Kraniche und Windflüchter“

  1. Wow, danke für den ausführlichen Bericht! Mein Mann kommt aus Indien und lebt seit 1,5 Monaten endlich mit mir zusammen in Deutschland. Gerne möchte ich ihm mein Heimatland zeigen und er hat deine Bilder gerade bestaunt. Rate mal, wer nächstes Jahr an die Ostsee fährt? ?

    Liebe Grüße
    Miri

  2. Was für ein tolles und vielfältiges Reiseziel! Die deutsche Ostsee ist mir nahezu unbekannt, ich habe nur im Rahmen einer Baltikum-Rußland-Reise einzelne Tage an der Ostsee verbracht, war aber auch davon sehr beeindruckt. Ich besuche auch gern in der Nebensaison manche Ziele, weil es einfach schön ist, wenn wieder etwas die Ruhe einkehrt…

    Deine Bilder sprechen für sich und vor allem die Kranichbeobachtung ist ja wirklich ein eindrucksvolles Schauspiel.

  3. Ich war erst einmal an der Ostsee. In Warnemünde. Dein Beitrag macht mir irgendwie Lust, es bald wieder mal zu versuchen. Schöne Gegend ist das!!

  4. ach herrlich! ich bin ja ein absoluter Fan von der Ostsee und habe schon ganze Sommer in der Kindheit dort verbracht! in Zingst war ich natürlich auch schön – ein toller Ort auch im Herbst und Winter 🙂

    liebste Grüße auch,
    ❤ Tina

  5. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Ostsee besonders nicht im Sommer toll ist! Das Meer soll meistens eh nicht warm genug zum baden sein und Entdeckungen mache ich lieber, wenn es nicht heiß ist. Und zu besichtigen gibt es da oben mehr als genug.
    Viele Grüße
    Wioleta

  6. Ein so schöner Beitrag 🙂 Wirklich klasse. Wir waren letztes Jahr im November an der Ostsee und ich fand es so wunderbar: lange Spaziergänge, hier und da ein Kaffee… ich mag das!

    Liebste Grüße,
    Sarah

  7. Ein wirklich schöner und sehr ausführlicher Bericht. Ich muss zugeben, ich war noch nicht oft an der Ostsee, aber wenn, dann immer an der selben Stelle, da ein sehr guter Freund dort wohnt. Ich liebe die Ostsee einfach, seien es die tollen Städte Lübeck und Kiel oder einfach der Timmendorfer Strand. Mit der Fähre sind wir auch schon von Fehmarn aus nach Dänemark geschippert.

    Wenn ich mir deine Bilder aber so ansehe, dann sollte ich wohl mal aus meiner Komfortzone raus und mir auch mal ein paar andere Ecken ansehen!
    Vielen lieben Dank dafür!

    Liebe Grüße
    Sarah

  8. Guten Morgen, und wow, was für ein toller Beitrag! Den habe ich mir gleich mal abgespeichert. Eigentlich wollten wir diesen September an der Ostsee urlauben, haben uns dann aber spontan umentschieden. Nun hast du mir die Ostsee aber so richtig schmackhaft gemacht 🙂 GlG, Janina

  9. Ich hab schon so viel schönes von der Ostsee gehört. Enge Freunde von uns fahren jedes Jahr für 2-3 Wochen an die Ostsee, auch im Herbst ? Zingst hat mir bisher noch gar nichts gesagt, klingt aber nach einem sehr schönen Ort! Danke für deine schönen Impressionen. Steht aufjedenfall noch auf unserer To Do Liste ?

    Lieben Gruß,
    ❤ Alice

  10. Ein wirklich gelungener Beitrag, der Lust auf die Ostsee macht – auch im Herbst. Ich muss zugeben, wir sind sehr viel in Deutschland unterwegs, aber an der Ostsee waren wir leider noch nie. Meinen Mann zieht es eher Richtung Berge. Aber vielleicht kann ich ihm die Ostsee dank deines Beitrags jetzt schmackhaft machen 🙂

    Liebe Grüße

    Freya

    1. Hallo Ilona, unsere beiden Artikel ergänzen sich ja wunderbar, vielen Dank! Ich nehme den Link zu Deinem Beitrag auch gleich noch auf. Liebe Grüße, Cornelia

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